Bauernehrung

Die Ehrung alter pommerscher Bauerngeschlechter

Starkow, Kreis Stolp in Hinterpommern am 10. Mai 1934

Von Dr. Wolfgang Zessin, Jasnitz

☛ Fotoalbum Starkow, Kreis Stolp in Hinterpommern am 10. Mai 1934

Die Heimatverbundenheit des Bauern im Allgemeinen und des pommerschen im Besonderen fand trotz schwieriger Zeiten mit Krieg, Hunger, Pest und Ausbeutung ihren sichtbaren Ausdruck in seiner Bodenständigkeit. Die Vorfahren der alten deutschen Familien waren als Pioniere ins Land gekommen und wurden Träger deutscher Kultur im dünn besiedelten slawischen Siedlungsraum. Sie machten das Land urbar, legten die Sümpfe trocken und setzten den Grundstein für eine Jahrhunderte währende kontinuierliche deutsche Besiedlung. Die nahezu einmalige Stellung der Dorfgemeinschaft Starkow im Landkreis Stolp in Hinterpommern wurde von Adelheid von Livonius im Zuge ihrer Recherchen zur Familiengeschichte des Malers Wilhelm Granzow erkannt. „Die besondere Bedeutung von Starkow liegt darin“, schrieb sie, „dass hier, wohl einzig in Deutschland dastehend, eine ganze Dorfschaft geschlossen eine so weit zurück reichende Besitzverbundenheit nachweisen kann, eine zusammen gehörende Sippe, die nie auch nur ein Stückchen des ursprünglichen Besitzes aus den Händen gelassen hat.“ (LIVONIUS, 1934).
Die Landesbauernschaft Pommerns hatte 1932 beschlossen, alteingesessene Bauerngeschlechter öffentlich durch Überreichung einer künstlerisch gestalteten Eichenholztafel zu ehren. In unseren sogenannten „Familienbriefen“, die nicht nur im Rahmen einer Broschüre Artikel über unsere Zessin-Familie enthalten, haben wir auch in mehreren Bild- und Textbeiträgen die Bauernehrung am 10. Mai 1934 in Starkow, Kreis Stolp behandelt (ZESSIN, 1996a, 1996b, 1998a, 1998b, 1999). Glücklicherweise sind uns nicht nur die Namen und Daten der geehrten Familien bekannt, sondern es ist auch ein interessantes Bildmaterial, hauptsächlich aus dem Stolper Fotohaus Dierks, erhalten geblieben. Zu den erbeingesessen ältesten Familien in Starkow gehörte bekanntlich auch die unsrige Zessin-Familie, die mit den anderen alten Familien (Block, Duske, Granzow, Hoffmeister, Voß, Wockenfuß, Zaddach) nachweislich seit 1508 in Starkow ansässig und vielfach mit ihnen versippt und verschwägert waren. Nicht unbegründet ist die Ansicht, die Wurzeln dieser Familien in diesem Dorf bis etwa 1300-1350 zurück zu datieren, da um diese Zeit die Besiedlung mit deutschen Bauern erfolgte.
Die Nationalsozialisten nutzten die gute Gelegenheit, ihren Einfluss auf dem Lande zu stärken. Angeregt hatte diese Ehrung eines ganzen Dorfes die Familienforscherin Adelhaid von Livonius, die ja bekanntlich mit dem Maler Wilhelm Granzow eng befreundet war (ZESSIN, 1996c). Wenn auch nicht alle Bauern der neuen Ideologie aufgeschlossen gegenüberstanden, so erschienen sie doch alle zu dieser Ehrung. An diesem Maitag war es sehr heiß und wenn man sich die Bilder anschaut, fallen sofort die vielen Uniformen auf. Mit Fanfarenklängen wurde der Auftritt des Reichsbauernführers Darre eingeleitet, der eine Rede zum Bauernstand und seiner Bodenständigkeit und der nationalsozialistischen „Blut und Boden“ Theorie hielt. Die hier geehrten Familien lebten als eingeschworene Dorfgemeinschaft ohne größere Zusiedlung über Jahrhunderte zusammen. So blieb es nicht aus, das die alten Familien alle miteinander verwandt waren. In dieser behüteten Gemeinschaft ließ es sich für alle gut leben, bis sie gewaltsam im März 1945 durch sowjetische Soldaten „befreit“ wurden.
Befreit von ihrer Jahrhunderte alte Heimat, von Hab und Gut, im schlimmsten Fall von Leib und Leben, geschunden, vergewaltigt, drangsaliert, ermordet und in alle Winde zerstreut. So nahe beieinander lagen hohe Ehrung und tiefste Erniedrigung bei unseren pommerschen Verwandten.
Die erste Ehrung dieser Art fand schon am 16.3.1933, kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Stettin statt. Leider sind die Namen der dort geehrten 17 Familien nicht vollständig bekannt. Voraussetzung für eine Ehrung war der Nachweis, in ununterbrochener Folge mindestens 200 Jahre im Besitz des Hofes zu sein. Die überreichten eichenen Ehrenschilder sind wohl nicht alle den Kriegswirren und der Vertreibung zum Opfer gefallen. Wie ich auf einem der Stolper Heimattreffen hörte (1995), existieren noch einige dieser Tafeln. Die letzte Bauernehrung fand 1937 in Stettin für 64 Familien statt (HANNEMANN, 1995). Hier sollen nun eine Auflistung der Namen der geehrten Familien von 1934 und das Jahr der urkundlichen Ersterwähnung sowie einige Bilder von der Starkower Bauernehrung aus dem Fotohaus Dierks, Stolp folgen.

Mindestens seit 1508 auf gleichem Hof

  • Block, Friedrich, Starkow, Kr. Stolp
  • Duske-Schultz, Starkow, Kr. Stolp
  • Granzow, Paul, Starkow, Kr. Stolp
  • Hoffmeister, Ernst, Starkow, Kr. Stolp
  • Mews-Zessin, Starkow, Kr. Stolp
  • Voß II, Ernst, Starkow, Kr. Stolp
  • Wockenfuß, Friedrich, Starkow, Kr. Stolp
  • Wockenfuß, Otto, Starkow, Kr. Stolp
  • Zaddach, Paul, Starkow, Kr. Stolp
  • Zessin, Ernst, Starkow, Kr. Stolp
  • Zessin, Franz, Starkow, Kr. Stolp

Seit 1530

  • Bernhard Block Starkow, Kr. Stolp
  • Höckendorf, Friedrich, Starkow, Kr. Stolp
  • Rhode, Martin, Starkow, Kr. Stolp
  • Stüwe, Ernst, Starkow, Kr. Stolp
  • Voß, Max, Starkow, Kr. Stolp

Seit 1567

  • Wendorf, Robert, Groß Sabow, Kr. Naugard

Seit 1569

  • Granzow, Ernst, Starkow, Kr. Stolp
  • Granzow, Martin, Starkow, Kr. Stolp
  • Hoffmeister, Otto, Starkow, Kr. Stolp
  • Hoffmeister, Richard, Starkow, Kr. Stolp
  • Kunde, Friedrich, Horst, Kr. Stolp
  • Schulz, Reinhold, Horst, Kr. Stolp
  • Steinfeld, Otto, Horst, Kr. Stolp
  • Voß I, Ernst, Starkow, Kr. Stolp
  • Voß, Franz, Starkow, Kr. Stolp
  • Voß, Johann, Starkow, Kr. Stolp

Seit 1573

  • Albrecht, Albert, Schwolow, Kr. Schlawe

Seit 1575

  • Bliese, Wilhelm, Raddack, Kr. Cammin

Seit 1581

  • Albrecht-Zessin, Schwolow, Kr. Schlawe

Seit 1585

  • Albrecht-Albrecht, Schwolow, Kr. Schlawe

Seit 1589

  • Fessenbecker-Varsbotter, Starkow, Kr. Stolp

Seit 1607

  • Klohn, Fritz, Altfalkenberg, Kr. Pyritz

Seit 1608

  • Dabs, Richard, Rubitz, Kr. Franzburg-Barth

Seit 1609

  • Kraatz, Paul, Nörchen, Kr. Greifenhagen

Seit 1613

  • Berndt, Hans-Friedrich, Stresow, Kr. Greifenhagen

Seit 1614

  • Lassahn, Robert, Neuenhagen, Kr. Köslin

Seit 1616

  • Albrecht, Reinhold, Arnshagen, Kr. Stolp

Seit 1621

  • Bellin, Robert, Wustrow, Kr. Greifenberg/Pom.

Seit 1628

  • Wartenberg, Ferdinant, Damnitz, Kr. Pyritz

Seit 1631

  • Kasten, Reinhard, Borntin, Kr. Greifenberg/Pom.

Seit 1632

  • Stüwe, Berthold, Preetz, Kr. Schlawe

Seit 1647

  • Rackow, Emil, Zwilipp, Kr. Kolberg-Körlin

Seit 1648

  • Böttcher, Wilhelm, Altschlawe, Kr. Schlawe
  • Last, Reinhold, Stemnitz, Kr. Schlawe
  • Roggatz, Albert, Altschlawe, Kr. Schlawe
  • Roggatz, Otto, Altschlawe, Kr. Schlawe
  • Schnittke, Reinhold, Stemnitz, Kr. Schlawe
  • Selke, Herbert, Stemnitz, Kr. Schlawe
  • Sielaff, Albert, Altschlawe, Kr. Schlawe
  • Sielaff, Wilhelm, Altschlawe, Kr. Schlawe

Seit 1650

  • Spiegel, Ernst, Falkenberg, Kr. Naugard

Seit 1654

  • Albrecht I, Friedrich, Schwolow, Kr. Schlawe
  • Berndt, Fritz, Kagendorf, Kr. Anklam
  • Zaddach, Wilhelm, Starkow, Kr. Stolp

Seit 1655

  • Zagelow, Martin, Neuendorf, Kr. Greifenhagen

Seit 1657

  • Krümmer, Otto, Horst, Kr. Pyritz

Seit 1658

  • Reinke, Reinhold, Seefeld, Kr. Kolberg-Körlin

Seit 1659

  • Albrecht, Gerhard, Schwolow, Kr. Schlawe

Seit 1661

  • Ebert, Arthur, Görke, Kr. Greifenberg/Pom.
  • Schulz, Erich, Soltnitz, Kr. Neustettin

Seit 1663

  • Plath, Fritz, Wartenberg, Kr. Pyritz

Seit 1664

  • Lüllwitz, Hermann, Saleske, Kr. Stolp

Seit 1667

  • Völkner, Berthold, Stemnitz, Kr. Schlawe
  • Vierk, Willi, Altefähr, Kr. Rügen

Seit 1669

  • Schulz, Franz, Schwolow, Kr. Schlawe

Seit 1670

  • Peglow, Erich, Streitz, Kr. Köslin

Seit 1675

  • Buchweitz, Ernst, Strippow, Kr. Köslin
  • Frenz, Reinhold, Lanzig, Kr. Schlawe

Seit 1681

  • Klohn, Walter, Altfalkenberg, Kr. Pyritz

Seit 1684

  • Granzow-Hildebrandt, Hohenstein, Kr. Stolp
  • Hensch, Walter, Wartenberg, Kr. Pyritz

Seit 1686

  • Minckley, Willy, Thurow, Kr. Neustettin

Seit 1688

  • Brandt, Walter, Horst, Kr. Pyritz

Seit 1689

  • Granzow I, Reinhold, Horst, Kr. Stolp
  • Zessin, Paul, Schwolow, Kr. Schlawe

Seit 1690

  • Barz, Erich, Reinfeld, Kr. Belgard

Seit 1691

  • Manke, Hermann, Pustchow, Kr. Belgard

Seit 1692

  • Gottschalk, Gustav, Neuendorf, Kr. Randow
  • Schulz, Artur, Marienthal, Kr. Greifenhagen
  • Seils, Richard, Hohenstein, Kr. Stolp

Seit 1694

  • Schulz-Albrecht, Schwolow, Kr. Schlawe

Seit 1698

  • Hildebrandt, Friedrich, Arnshagen, Kr. Stolp

Seit 1699

  • Benz, Emil, Borntin, Kr. Greifenberg/Pom.
  • Wartchow, Johannes, Borntin, Kr. Greifenberg/Pom.
  • Wurow, Albert, Laatzig, Kr. Cammin

Seit 1700

  • Schröder, Gustav, Wamlitz, Kr. Randow

Seit 1703

  • Bischoff I, Willi, Malkwitz, Kr. Rügen

Seit 1704

  • Lenzing, Friedrich, Krettmin, Kr. Köslin
  • Ponick, Siegfried, Zwilipp, Kr. Kolberg-Körlin
  • Reinfeld, Wilhelm, Konikow, Kr. Köslin

Seit 1707

  • Budde, Willy, Bruchhausen, Kr. Saatzig

Seit 1708

  • Wolff, Werner, Groß Horst, Kr. Greifenberg/Pom.

Seit 1710

  • Falk, Adolf, Kriewitz, Kr. Naugard
  • Pantel, Karl, Altwarschow, Kr. Schlawe
  • Spieker, Max, Hansfelde, Kr. Saatzig

Seit 1711

  • Bahnemann, Friedrich, Altprilipp, Kr. Pyritz
  • Schwarz, Hugo, Wandhagen, Kr. Schlawe
  • Tarnow, Hugo, Lümzow, Kr. Neustettin

Seit 1712

  • Albrecht-Schulz, Schwolow, Kr. Schlawe

Seit 1715

  • Krüger, Ewald, Wandhagen, Kr. Schlawe

Seit 1716

  • Ratzke, August, Hohenstein, Kr. Stolp
  • Tillak, Harald, Warsow, Kr. Randow

Seit 1717

  • Albrecht, Ferdinand, Arnshagen, Kr. Stolp
  • Duske, Friedrich, Dünnow, Kr. Stolp
  • Elert, Otto, Rarfin, Kr. Belgard
  • Gemkow-Kunde, Dünnow, Kr. Stolp
  • Hildebrandt, Richard, Arnshagen, Kr. Stolp
  • Redel, Georg, Rosenow, Kr. Regenwalde

Seit 1719

  • Wesenberg, Friedrich, Stecklin, Kr. Greifenhagen

Seit 1720

  • Kressin, Emil, Holm, Kr. Greifenberg/Pom.

Seit 1722

  • Speith, Herbert, Zimdarse, Kr. Greifenberg/Pom.

Seit 1723

  • Treichel, Friedrich, Konikow, Kr. Köslin
  • Reichel, Walter, Konikow, Kr. Köslin

Seit 1725

  • Voll, Richard, Hohenstein, Kr. Stolp
  • Wuttke, Heinrich, Hohenstein, Kr. Stolp
  • Wuttke, Hermann, Hohenstein, kr. Stolp

Seit 1726

  • Hardt, Albert, Redlin, Kr. Belgard

Seit 1729

  • Adam-Block, Starkow, Kr. Stolp
  • Boldt, Hugo, Grapzow, Kr. Demmin
  • Boldt, Wilhelm, Masselwitz, Kr. Schlawe
  • Steinfeldt, Friedrich, Starkow, Kr. Stolp

Seit 1730

  • Krüger, Max, Wandhagen, Kr. Schlawe

Seit 1731

  • Schwolow, Wilhelm, Altschlawe, Kr. Schlawe

Seit 1732

  • Stein, Wilhelm, Laatzig, Kr. Cammin

Seit 1733

  • Hannemann, Herbert, Borntin, Kr. Greifenberg/Pom.
  • Thurow, Willy, Neubanzin, Kr. Köslin

Seit 1734

  • Finger, Erich, Degow, Kr. Kolberg-Körlin
  • Heldt, Hermann, Degow, Kr. Kolberg-Körlin

Literatur

HANNEMANN, S. (1995): Pommersche Bauerngeschlechter.- Sedina-Archiv, N. F. Bd. 8, Jg. 41, 2/1995: 335-345. Hamburg.

LIVONIUS, A. v. (1934): Der Ehrentag der pommerschen Bauern in Starkow.- Der pommersche Bauer, 1, 5: 131-134.

ZESSIN, W. (1996a): 10.5.1934 Bauernehrung in Starkow.- Zessin-Familienbrief Nr. 3 (1): 16. Jasnitz.

ZESSIN, W. (1996b): Die Bauernehrung am 10. Mai 1934 in Starkow - 2. Bildbeitrag.- Zessin-Familienbrief Nr. 4 (2): 38-39. Jasnitz.

ZESSIN, W. (1996c): Interessantes über den pommerschen Porträt- und Landschaftsmaler Wilhelm Granzow.- Zessin-Familienbrief Nr. 4 (2): 14-18. Jasnitz.

ZESSIN, W. (1998a): Die Bauernehrung am 10. Mai 1934 in Starkow - 3. Bildbeitrag.- Zessin-Familienbrief Nr. 5 (1): 34-36. Jasnitz.

ZESSIN, W. (1998b): Die Bauernehrung am 10. Mai 1934 in Starkow - 4. Bildbeitrag.- Zessin-Familienbrief Nr. 6 (2): 54-55. Jasnitz.

ZESSIN, W. (1999): Die Bauernehrung am 10. Mai 1934 in Starkow - 5. Bildbeitrag.- Zessin- Familienbrief Nr. 7 (1): 23-25. Jasnitz.

Anschrift des Verfassers: Dr. Wolfgang Zessin, Lange Str. 9, D-19230 Jasnitz

 
bauernehrung.txt · Zuletzt geändert: 2018/07/26 10:00 von admin